Interview: Boll stolz auf Wettkämpfe gegen Generationen chinesischer Tischtennis-Champions

German.news.cn| 03-09-2021 13:14:06| 新华网
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BERLIN, 2. September (Xinhua) -- Das deutsche Tischtennis-Urgestein Timo Boll sagte, er sei stolz darauf, gegen Generationen von chinesischen Tischtennis-Champions gekämpft zu haben, wobei Ma Lin und Fan Zhendong seine härtesten Gegner gewesen seien.

In einem kürzlich geführten Interview mit Xinhua erinnerte sich Boll an seine Begegnungen mit den Weltmeistern Kong Linghui, Ma Lin, Wang Liqin, Zhang Jike, Ma Long und zuletzt auch mit jungen Spielern wie Wang Chuqin.

„Ma Lin war ein harter Gegner. Er spielte sehr clever und sein Stil war für Europäer sehr ungewöhnlich. Er hat immer eine gute Strategie gegen mich gefunden. Ich konnte nur zwei oder drei Mal gegen ihn gewinnen“, sagte der 40-jährige Routinier.

Boll sieht zudem Fan Zhendong als den Spieler an, der am schwersten zu schlagen ist. „Er spielt ein bisschen den gleichen Stil wie ich, aber ein bisschen besser. Er ist kräftiger und physisch stärker.“

Nachdem er gegen so viele chinesische Spitzenspieler gespielt hat, stellte Boll fest, dass es nie funktionierte, wenn er nur eine Strategie gegen verschiedene Spieler anwendete. „Sie haben eine perfekte Technik, und ich muss sie mit jedem einzelnen Schlag überraschen, um sie aus dem Gleichgewicht zu bringen und um sie ein wenig zu verwirren oder zu verunsichern.“

Boll hat eine große Fangemeinde in China und versucht deshalb, am Konfuzius-Institut in Düsseldorf die chinesische Sprache und Kultur zu lernen. Aus der Sicht eines europäischen Profis ist der Hauptgrund für die Dominanz Chinas in diesem Sport das Trainingssystem.

„Tischtennis ist ein technischer Sport und man muss früh anfangen, um von Beginn an eine gute Technik zu haben. China hat eine gute Talentsichtung und Top-Trainer für junge Spieler. Sie können viel trainieren, wenn sie jung sind.“

„Wenn sie zu Spitzenspielern heranwachsen, trainieren sie gemeinsam. Das hilft wirklich sehr. Gerade junge Spieler profitieren davon“, sagte Boll.

Der achtfache Europameister im Einzel ist der Ansicht, dass europäische Spieler etwas später in ihrer Karriere mit dem professionellen Training beginnen und nicht so viel trainieren wie die Chinesen. Dieser Unterschied könne ein Grund dafür sein, warum junge Talente in Europa erst spät aufstiegen und europäische Spieler eine längere Karriere hätten.

„Wenn man viel trainiert, können Körper und Geist ein wenig müde werden oder sogar Schaden nehmen. Die chinesischen Spieler bekommen vielleicht schon früher körperliche oder mentale Probleme, die es ihnen unmöglich machen, mit den jungen Spielern zu konkurrieren“, sagte Boll. „Ich sehe Tischtennis als mein Hobby und meine Leidenschaft. Ich liebe den Sport noch genauso wie in meiner Jugend. Ich behalte meine Motivation immer im Geiste.“

Der sechsfache Olympiateilnehmer bewertete seine Leistung bei den Olympischen Spielen in Tokio mit sieben von zehn Punkten im Einzel und neun Punkten im Mannschaftswettbewerb.

„Ich habe alle wichtigen Spiele vor dem Finale gewonnen. Im Mannschaftsfinale habe ich eineinhalb Sätze gebraucht, um mich an den Stil von Ma Long zu gewöhnen. Er hatte gute Ideen und spielte fantastisch und mit viel Selbstvertrauen. Jeder Schlag war präzise.“

„Die gesamte deutsche Mannschaft hat eine gute Leistung gezeigt, auch wenn wir im Finale 0:3 verloren haben. Wir müssen anerkennen, dass China das beste Land ist. Wir haben großen Respekt davor, wie stark sie sind“, sagte Boll.

Nach dem Gewinn zahlreicher Titel außer Olympia-Gold bedauerte Boll, manchmal auf der olympischen Bühne gute Gelegenheiten nicht genutzt zu haben.

„Vielleicht habe ich ein bisschen mehr Druck verspürt, vor allem in schwierigen Spielen, wenn man die Kontrolle verliert“, sagte Boll. „Manchmal hatte ich meine Chancen, aber ich habe sie einfach nicht genutzt. Meine Gegner haben immer besser gespielt als ich. Ich kann nicht sagen, dass ich nicht alles gegeben habe.“

Als Beispiel nannte er die Olympischen Spiele 2004 in Athen. Er erhielt eine günstige Auslosung, verlor aber im Viertelfinale gegen die schwedische Legende Jan-Ove Waldner. „Ich habe ihn drei Wochen zuvor geschlagen, aber drei Wochen später, bei den Olympischen Spielen, habe ich gegen ihn verloren.“

Im Team mit Dimitrij Ovtcharov, dem Bronzemedaillengewinner im Herreneinzel von Tokio, freute sich Boll, weitere starke Spieler im deutschen Team zu sehen. Ovtcharov verlor im Einzel-Halbfinale mit 3:4 gegen Ma Long und Boll feuerte seinen Teamkollegen in der Halle an.

„Er ist 32, aber immer noch viele Jahre jünger als ich, und er wird noch einige Jahre auf höchstem Niveau haben. Er glaubt, dass er mit voller Kraft nach Paris 2024 fahren kann. Ich versuche, mein Niveau zu halten, aber es wird immer schwieriger“, sagte Boll.

Auf eine mögliche siebte Olympia-Teilnahme in drei Jahren angesprochen, nannte Boll kein klares Ziel, sagte aber, dass es definitiv nicht der richtige Zeitpunkt sei, sich jetzt zurückzuziehen. „Ich bin ein Typ Mensch, der nicht zu weit in die Zukunft denkt, vor allem wenn ich 40 bin.“

„Ich genieße jeden Tag, an dem ich Wettkämpfe bestreite und trainiere. Das habe ich mein ganzes Leben lang getan. Es wäre schwer, wegen einer einzigen Verletzung sofort aufzuhören“, sagte Boll.

(gemäß der Nachrichtenagentur Xinhua)

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