Das Foto zeigt eine Fragestunde im Bundestag in Deutschlands Hauptstadt Berlin, 25. Januar 2023. (Xinhua/Ren Pengfei)
Von Moritz Rommerskirchen
BERLIN, 13. Februar (Xinhua) -- Obwohl Deutschland von seinen Partnern in der North Atlantic Treaty Organization (NATO) für seine "späte" Exportgenehmigung von Leopard-Panzern an die Ukraine kritisiert wurde, ist es richtig, dass das Land sich nicht blind auf immer weitere Waffenlieferungen einlässt und eine Schlüsselrolle bei der Beruhigung seiner westlichen Verbündeten einnimmt.
Bundeskanzler Olaf Scholz warnte vor einem öffentlichen "Wettbewerb um das Angebot: Panzer, U-Boote, Flugzeuge…". Die NATO dürfe keine Partei im Russland-Ukraine-Konflikt werden, sagte Scholz im Vorfeld eines Sondertreffens der Europäischen Union (EU).
Angesichts dieser Gratwanderung gilt das Amt des deutschen Verteidigungsministers als der "heiße Stuhl" unter den Ministerposten. Nachdem seine Vorgängerin vor Ende der Legislaturperiode aus dem Amt schied, ist der aktuelle Verteidigungsminister Boris Pistorius erst seit vergangenem Monat im Amt.
WAFFENFORDERUNGEN
Deutschlands neuer Verteidigungsminister wurde zu einem kritischen Zeitpunkt ernannt, als der Druck der NATO-Partner zur Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine immer größer wurde. Nur wenige Tage nach dem Amtsantritt von Pistorius gab die Regierung schließlich grünes Licht für die Panzer.
Nachdem anfangs nur 5.000 Helme bereitgestellt wurden, hat Deutschland jetzt die Lieferung von 14 modernen Leopard-2-Panzern zugesagt und seinen Verbündeten, vor allem Polen, die Erlaubnis erteilt, Leopard-Panzer aus ihren eigenen Beständen weiterzuleiten. Auch die Ausfuhr von bis zu 178 älteren Leopard-1-Panzern wurde genehmigt.
Angesichts der hohen politischen Brisanz war es Bundeskanzler Scholz, der diesen Schritt ankündigte. "Diese Entscheidung folgt unserer bekannten Linie, die Ukraine nach Kräften zu unterstützen", sagte Scholz.
Die USA folgten diesem Beispiel und sagten 31 Abrams-Panzer zu. Der Westen hat damit eine unsichtbare Grenze überschritten, die lange Zeit vermieden wurde.
Die Militärhilfe des Westens, so warnte Russland, würde eine "unvorhersehbare" Eskalation auslösen und die NATO-Mitglieder in den Konflikt hineinziehen. "Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten versuchen, den Konflikt so weit wie möglich in die Länge zu ziehen", sagte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu kürzlich in einer Telefonkonferenz mit Militärvertretern.
Die Ukraine fordert unterdessen mehr Waffen und bittet darüber hinaus um Kampfflugzeuge. Das bekräftigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Mittwoch in London bei seinem zweiten Auslandsbesuch seit Beginn des Konflikts.
Deutschland hat sich bisher gegen die Lieferung von Kampfjets ausgesprochen. Aufgrund ihrer größeren Reichweite und Feuerkraft "würden wir uns in Dimensionen vorwagen, vor denen ich aktuell sehr warnen würde", sagte Pistorius Ende Januar in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
LEERE BESTÄNDE
Deutschlands Fähigkeit, andere Nationen mit Waffen zu beliefern, ist aufgrund der eigenen Unterversorgung äußerst begrenzt. "Die Regale sind fast leer", stellte der Generalinspekteur der Bundeswehr bei einer Bestandsaufnahme im vergangenen Jahr fest.
Deutschland ist weit davon entfernt, das NATO-Verteidigungsziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Jahr zu erreichen, das Scholz bei der Vorstellung des Sonderverteidigungsfonds versprochen hatte. Nach den aktuellen Schätzungen der NATO lagen die Verteidigungsausgaben des Landes im Jahr 2022 lediglich bei 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Den jüngsten offiziellen Äußerungen zufolge ist es unwahrscheinlich, dass das Land das Zwei-Prozent-Ziel vor 2025 erreichen wird.
Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, kritisierte Ende letzten Jahres die "inakzeptable" Untätigkeit bei der vollständigen Ausrüstung der Bundeswehr. Knapp 20 Milliarden Euro (21,4 Milliarden US-Dollar) seien allein für die Munitionsbeschaffung erforderlich.
Die derzeitigen Vorräte Deutschlands würden im Falle eines militärischen Konflikts nicht einmal für eine Woche reichen, warnte Högl.
VERMEIDUNG EINER ESKALATION
Abgesehen von den internen Auseinandersetzungen in Deutschland hat die größte europäische Volkswirtschaft die Möglichkeit einer diplomatischen Lösung des Russland-Ukraine-Konflikts noch nicht ganz aufgegeben.
Obwohl die meisten wichtigen Entscheidungen, wie etwa die Lieferung von Panzern, unter den westlichen Partnern gut koordiniert werden, fällt der Ton unterschiedlich aus. Während der französische Präsident Emmanuel Macron verspricht, der Ukraine zum "Sieg" zu verhelfen, hütet sich Scholz, gegenüber Russland alle Türen zu schließen.
Die Ukrainer würden so lange unterstützt "wie das notwendig ist", sagte Scholz am Freitag auf dem EU-Sondertreffen in Brüssel.
(gemäß der Nachrichtenagentur Xinhua)