Warum die deutsch-chinesische Energiepolitik Kooperation statt Konfrontation benötigt - Xinhua | German.news.cn

Warum die deutsch-chinesische Energiepolitik Kooperation statt Konfrontation benötigt

2024-08-22 09:31:44| German.news.cn
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Von Du Chunguo

Überkapazitäten, Strafzölle - die Vokabeln der Stunde im Welthandel. In dieser Debatte werden die immensen Chancen einer verstärkten Zusammenarbeit übersehen, gerade zwischen Deutschland und China.

BERLIN, 21. August 2024 (Xinhua) -- Vor nunmehr zwei Jahren übernahm ich meine Aufgabe als chinesischer Generalkonsul in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf. Bevor ich Diplomat wurde, war ich 29 Jahre lang Manager in einem chinesischen Unternehmen, das auf Auslandsinvestitionen im Energiesektor, vor allem bei erneuerbaren Energien, spezialisiert ist. Als CEO a. D. verbinden mich heute in meiner neuen Funktion viele gemeinsame Themen mit dem Bundesland, in dem ich lebe und arbeite. Exportorientierte Volkswirtschaft sowie Energiewende sind nur die wichtigsten davon.

Als ehemaliger Manager im Bereich erneuerbarer Energien und nun als Diplomat, der in den letzten Jahren hier mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Forschung und Bildung über alle möglichen Themen gesprochen hatte, gestatte ich mir eine persönliche Perspektive zum Thema Kooperation im Bereich erneuerbarer Energien.

 

In einem Handelskrieg gibt es keinen Gewinner 

Ein paar Stichwörter stechen mir in den letzten Monaten in die Augen: "Überkapazitäten" und "Strafzölle" - nicht nur in der WirtschaftsWoche, sondern auch in Leitartikeln oder Kommentaren anderer Medien. Die Logik dahinter: Hat eine bestimmte Branche aus einem bestimmten Land einen hohen globalen Marktanteil oder ist die Exportquote dieser Branche besonders hoch, sind "Überkapazitäten" die Ursache. 75 Prozent der in Deutschland produzierten Autos werden ins Ausland verkauft. Bedeutet dies, dass hier eine Überkapazität in Deutschland vorliegt? Die Exportquote chinesischer E-Autos beträgt im Gegenzug gegenwärtig lediglich 12,7 Prozent. Kann man hier wirklich von "Überkapazität" sprechen?

Der Vorwurf des "Preisdumpings" ist unwahr. Nach den jüngsten Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VDA) haben die deutschen Autohersteller im Jahr 2023 zehnmal mehr E-Autos in China verkauft als die chinesischen Hersteller ihre Stromer in Deutschland. Durchschnittlich kostet ein chinesisches E-Auto in Europa 31.000 Euro. Das ist deutlich teurer als in China, aber nicht wesentlich günstiger als ihre europäischen Konkurrenten. Ein NIO ET7 zum Beispiel kostet ab 82.000 Euro. Chinesische E-Autos würden den europäischen Markt nicht überschwemmen, resümiert der VDA. Der Anteil chinesischer Autos auf dem europäischen Markt dürfte sich bis 2030 bei etwa fünf bis zehn Prozent einpendeln.

Manche glauben zu wissen, die staatlichen Subventionen für E-Autos in China hätten den Wettbewerb verzerrt. Fakt ist, dass China schon vor Jahren die Subventionen für die Produktion in diesem Bereich eingestellt hat. Geblieben ist nur eine Handvoll steuerlicher Entlastungen. Die EU subventionierte 2020 bis 2022 alle denkbaren Branchen mit einer Gesamtsumme von 3,8 Billionen Euro. 2023 trat der Inflation Reduction Act in Kraft mit Subventionen für klimabezogene Industrien und Energiebranchen in Höhe von 369 Milliarden US-Dollar, sowie der europäische Green Deal Industrial Plan mit 250 Milliarden Euro. Ob diese Subventionen den Wettbewerb verzerren?

Die von der EU-Kommission angekündigten Zollerhöhungen gegenüber China haben in der chinesischen Autobranche massiven Unmut und berechtigte Empörung ausgelöst. Die Strafzölle wurden auch von der deutschen Automobilindustrie kritisiert. Denn die globalen Lieferketten der Automobilindustrie, egal, wo die Autobauer sitzen, würden dadurch in Mitleidenschaft gezogen. Auch für das Erreichen der ambitionierten Energie- und Klimaziele der EU und für den globalen Kampf gegen den Klimawandel wären diese Strafzölle schädlich.

Die Geschichte hat immer wieder bewiesen, dass keine Seite von Handelskonflikten profitiert. Eine Zollspirale bringt nur negative Auswirkungen mit sich. Erfreulicherweise haben die EU und China jetzt vereinbart, Konsultationen aufzunehmen, um einen Handelskonflikt zu verhindern. Wir laden die EU ein, mit uns an einem Strang zu ziehen, um schnellstmöglich eine einvernehmliche Lösung faktenbasiert und im Einklang mit den WTO-Regeln für unsere Unternehmen zu finden.

 

Chancen zwischen China und Deutschland 

Zwischen China und Deutschland gibt es riesige Kooperationschancen. Ich fände absolut richtig, dass chinesische Autobauer und Batterie- sowie Speicherhersteller in Deutschland ihre R&D und Produktion für E-Autos auf- und ausbauen könnten. Hinzu kommt ein Netz von Aftersales und Service.

Für den Ausbau der Windenergie haben chinesische Firmen Vorteile bei automatisierter Produktion und Forschung. Deutsche Firmen dagegen können die Kernbauteile mit höchster Präzision produzieren. Um beide Partner zusammenzubringen, wäre die Unterstützung bei gegenseitigen Investitionen unvermeidbar.

In der Fotovoltaik-Industrie sind die Preise chinesischer Fotovoltaik-Module sehr wettbewerbsfähig. Zugleich ist ihr Wirkungsgrad sehr hoch. Aber die Montage der Module und die Systemlösung müssen hier in Deutschland durchgeführt und entwickelt werden. Ein chinesisches Unternehmen wird nicht mehr in der Lage sein, diesen Service zu erbringen, oder die Aufgaben des Aftersales zu erfüllen. Das könnte ein interessanter Nischenmarkt für deutsche Unternehmen sein.

Deutsche Geschäftsleute sind in China willkommen. Für eine Chinareise bis zu zwei Wochen brauchen sie kein Visum mehr. Beste Voraussetzungen, um (potenzielle) Geschäftspartner zu besuchen und Geschäfte abzuschließen. Gerade auch, wenn es um das Thema Grüne Transformation geht.

Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP rechnet damit, dass bis 2030 jährlich 45 Millionen New Energy Vehicles verkauft werden. Das entspricht dem 4,5-Fachen des Jahres 2022. Im Jahr 2030 werden 8,2 Millionen Gigawatt Solarkapazitäten neu installiert werden. Das ist viermal so viel wie im Jahr 2022. Und dabei ist noch nicht der hohe zusätzliche Energie- und den Speicherbedarf für die Nutzung der Künstlichen Intelligenz mitkalkuliert.

Für die grüne Transformation weltweit, fehlen weltweit also noch große Produktionskapazitäten. Für chinesische und deutsche Firmen eröffnet dies enorme Möglichkeiten der Kooperation. Entwicklungsländer brauchen gute und bezahlbare Lösungen, um ihre CO2-Emissionen schnell zu reduzieren.

 

Anmerkung der Redaktion:

Der Autor Du Chunguo ist seit 2022 der chinesische Generalkonsul in Düsseldorf. Zuvor arbeitete er viele Jahre als Manager, zuletzt als Hauptgeschäftsleiter der PowerChina Resources Ltd.